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AutorenbildJakob Lohmann

Wäre die Welt ohne Menschen besser dran?

Nachhaltigkeit ist ein verzwicktes Thema. Unendliche Faktoren spielen dabei eine Rolle. Ökologie, Ökonomie und Soziales sind bekanntlich die großen drei Bestandteile, aber es mangelt wohl kaum an Konfliktpotential bei der Frage, was die Menschheit alles verändern muss. Bei allem, was da falsch läuft, denkt man sich schnell, ob die Welt nicht auf uns verzichten kann. Aber ist das überhaupt die richtige Frage?



Es gibt viele Gründe, die Frage mit “ja” zu beantworten. Besonders wenn man sich in der Populärkultur umsieht: Der schlechte Mensch rodet aus reiner Gier die Regenwälder, unterdrückt seine Widersacher und nimmt von den Armen, um sich selbst zu bereichern. Die Gegenbewegung fordert, dass man sofort mit dem Waldroden und dem Rohstoffschürfen aufhören sollte, dass die Produktionsstätten, die tausende (entfremdete) Arbeiter anstellen, geschlossen sein sollten und ruft, dass wir keinen Planeten B haben. Und so entsteht die Grundlage für einen ewig andauernden Konflikt … kann das alles nicht einfach ein Ende nehmen?

Aber ist die Welt ohne uns tatsächlich besser dran? Und ist die Frage überhaupt richtig gestellt? Wenn es doch keine Menschen mehr gibt – die ja unmissverständlich Einfluss auf den Planeten haben – gäbe es dann überhaupt eine Antwort? Wäre die Antwort nicht egal, wenn es keinen gibt, um zu bewerten, ob die Welt jetzt besser dran ist oder nicht?

Was ist dann die richtige Frage? Horst Rittel, der Planungs- und Designtheoretiker an der HfG Ulm und an der Design Science Fakultät der Universität Berkley, hat dafür einen spannenden Ansatz formuliert. Mit seinen Wicked Problems (also bösartigen oder verzwickten Problemen) stellt er fest, dass gesellschaftliche Planungsprozesse von unendlichen Faktoren abhängig sind, dass somit nie eine abschließende Lösung für ein Problem gefunden werden kann. Der Lösungsweg ist immer davon abhängig, wer darüber schreibt: Wenn wir bei Lang darüber sprechen, dass die Möbelbranche nachhaltiger werden sollte, dann meinen wir als Möbelproduzenten, dass es nachhaltigere, langlebigere, schönere und nützlichere Möbel braucht. Aber als Journal-Autoren sagen wir, dass wir viel mehr darüber nachdenken müssen, wie wir als Verbraucher mehr aus den Möbeln machen, die wir eh schon benutzen. So brauchen wir am Ende viel weniger Möbel, was besser für die Umwelt und unseren Geldbeutel wäre. Beide Lösungen sind nicht richtig und nicht falsch. Sie sind lediglich besser als der Status quo. Rittel stellt fest, dass die Lösungen, die wir für Probleme finden, immer davon abhängig sind, wie sie gestellt werden. Wicked Problems können also nicht vollständig gelöst, sondern nur positiv oder negativ für diejenigen beeinflusst werden, die davon betroffen sind.



Und was ist jetzt die Frage? Ich verspreche dazu komme ich noch!

Wir Menschen existieren auf diesem Planeten (was auch immer das bedeutet). Als Menschen haben wir im Laufe der Zeit ein Bewusstsein dafür entwickelt, dass wir einen großen Einfluss auf globale Erdsystemprozesse – Klima, Biodiversität, die Meere usw. – haben. Und wir stellen fest, dass wir in unseren Gesellschaften auch einige Bedingungen zu erfüllen haben, um ein erfolgreiches Miteinander zu ermöglichen: Demokratische Systeme, Infrastruktur, Arbeit, Selbstbestimmung und dergleichen. Zusammengenommen bilden diese Bedingungen das Spielfeld, in dem wir als Menschen gut existieren können. Die Ökonomin Kate Raworth fasst diesen Ansatz mit der 2017 veröffentlichen Donut-Ökonomie zusammen. Nach außen geht es darum, im Rahmen der planetaren Grenzen zu handeln. Nach innen müssen wir versuchen, soziale Grundlagen zu schaffen, die ein langfristiges Miteinander erlauben. Ziel sollte es sein, auf dem Ring dieses von Raworth so bildhaft formulierten Donuts zu wandeln:

Und daraus ergibt sich nun (endlich) die viel bessere Frage: In Anbetracht der Wicked Problems, mit denen wir als Menschheit konfrontiert sind, wie können wir Wege gehen, die ein Leben innerhalb der ökologischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ermöglichen? Oder kurz: Was können wir tun, das die Welt mit Menschen drauf besser wird?

Wir alle versuchen in gewisser Weise unsere Probleme zu lösen. Ganz egal, ob damit die persönliche Entwicklung gemeint ist oder ob wir unsere Familien ernähren wollen, ob wir uns in für unsere Gemeinden oder Interessen, für uns selbst oder für andere einsetzen. Dieses Verhalten – Leid zu vermeiden – entspricht wohl nicht unwesentlich der menschlichen Existenz. Wir können den Menschen als einen Akteur verstehen, der Einfluss auf die ökologischen Systeme dieser Welt hat, er ist aber auch ein soziales Wesen, das ohne andere Menschen nicht auskommt und ergänzend ist jeder Mensch auch ein Individuum, das einzigartig ist, ausgestattet mit dem Besten und dem Schlimmsten, was die Menschheit zu bieten hat. Deshalb müssen wir über unseren eigenen Tellerrand schauen (egal, ob das nach innen oder nach außen bedeutet) und überlegen, wie wir mit allem, was uns zur Verfügung steht, handeln können, um das Leben der Menschen im Einklang mit der Natur zu verbessern. Es gibt dabei so viel zu lernen und zu erfahren, so viele Menschen, so viele Bewegungen, Institutionen, Organisationen.

Lang existiert aus einer Begeisterung für diese Fragen und der Überlegung, wie wir die daraus gewonnenen Erkenntnisse für unseren Alltag und für unser Zuhause nutzbar machen können. Begleitet uns bei diesem unendlich spannenden Explorationsprozess! Es gibt Neues zu lernen, Spannendes zu teilen, Dinge zu tun, sicherlich auch Fehler zu machen, aber genauso die Möglichkeit, sie wieder zu beheben!

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